Manche Nachmittage in Berlin sind einfach zu schade für Kaffee und Kuchen aus der Bäckerei um die Ecke. Wer Tee trinkt, sollte das bitte mit Verve und Noblesse tun – und zwar dort, wo Geschichte, Porzellan und Champagnerblasen gemeinsam klingen: im Hotel Adlon Kempinski. Dieses Haus an der Prachtmeile „Unter den Linden“ ist so etwas wie die Königinmutter der Berliner Hotellerie. Eröffnet 1907 von Lorenz Adlon, abgebrannt, auferstanden, glorreich wiedereröffnet – das Adlon ist eine Mischung aus Mythos, Marmorsäule und Millionen Selfies vor dem Brandenburger Tor. Hier wohnt die Eleganz auf Dauer, und sie trägt selbstverständlich Handschuhe aus Samt.
ADLON SIGNATURE AFTERNOON TEA



Unter den Linden 77| 10117 Berlin
In der Bel Etage, wo man durch hohe Fenster auf die ikonische Lobby mit dem Elefantenbrunnen blickt, wird ein Klassiker zelebriert, der schon Queen Victoria den Nachmittag rettete: der Afternoon Tea. Entstanden ist er, so will es die Legende, weil eine gewisse Herzogin von Bedford um 1840 der Hunger überkam – und sie kurzerhand das „kleine Mahl“ zwischen Lunch und Dinner erfand. Was als nobles Snackprogramm begann, wurde bald gesellschaftliches Pflichtprogramm: Damen in Rüschen, Herren mit Monokel, dazu Gurkensandwiches und Scones. In Berlin anno 2025 darf es etwas lukullischer sein. Da kommt der Tee nicht allein, sondern in Begleitung von Moët-Chandon Champagner – wahlweise Brut oder Rosé – und einer kleinen Kostbarkeit aus Hamburg: AKI Kaviar, fein, salzig, verführerisch. Schließlich soll die Teestunde ja nicht zu asketisch geraten. Über die richtige Ziehzeit wacht Barbara Hanimann, die Tea Master des Adlon. Sie hat ihr Handwerk in Sri Lanka perfektioniert, trägt den Titel „Gold Tea Master“ und kennt vermutlich mehr Teesorten, als die Queen Hüte besaß. Mit charmantem Schweizer Akzent und tiefem Wissen über Blätter, Blüten und Temperaturkurven führt sie durch das Ritual, als wäre es eine Zeremonie zwischen Zen und Sinnlichkeit. Ob Darjeeling First Flush oder kräftiger Assam – Hanimann serviert Wissen und Wohlgefühl in gleicher Dosierung. Und wer aufmerksam zuhört, versteht schnell: Tee ist kein Heißgetränk, Tee ist Hochkultur. Zwischen Sandwich und Süßspeise funkeln Kaviarkügelchen, es perlt der Champagner, und plötzlich wirkt selbst der Berliner Februar ein bisschen golden und fühlt sich an wie die Côte d’Azur oder Monaco.
Vielleicht liegt es daran, dass „Adlon oblige“ nicht einfach nur eine Marketing- Worthülse ist. Hier wird nicht eingegossen, hier wird zelebriert. Nicht serviert, sondern inszeniert. Der Afternoon Tea ist ein Stück Zeitreise – in eine Ära, in der man den Luxus des Augenblicks noch ernst nahm. Wer mag, kann sich dabei in Gedanken ein wenig adlig fühlen. Und wenn nicht, vielleicht aus Angst vor der französischen Revolution, dann immerhin satt, selig und ganz leicht beschwipst vom guten Leben.
